Im internationalen Management drohen Vertrauensfallen: Aufgrund kultureller Unterschiede bleibt man misstrauisch, Vertrauen entwickelt sich viel zu langsam oder man verliert es gar – obwohl es eigentlich keinen Grund gibt, nicht zu vertrauen.
Doch wie man solche Fallen vermeiden und die Vertrauensentwicklung fördern kann, lässt sich lernen. Dieses Buch ...
„Herr Meister (leitender Angestellter, französische Geschäftsbank) berichtet über einen französischen Kollegen, mit dem ein wichtiger Kundentermin anstand: „Wir hatten eine gemeinsame Vorgehensweise für das Meeting vereinbart. Und in diesem Meeting hält diese Person sich nicht daran! Zum eigenen Vorteil! Und zu meinem Nachteil. Und diese Person, mit der werde ich nie wieder ...“
Die War-nichts-vereinbart!-Vertrauensfalle entsteht durch einen Unterschied in der Direktheit des Kommunikationsstils. Dieser Kulturunterschied kann fälschlicherweise den Eindruck entstehen lassen, der andere habe seine Zusage nicht eingehalten – bzw. habe nicht darüber informiert, dass er eine Zusage nicht einhalten kann.
Handelt es sich hier für Señor Garcia tatsächlich um das Nicht-Einhalten einer Vereinbarung, um den Bruch einer Zusage? Und ist aus seiner Perspektive Herr Müllers Eindruck berechtig, der argentinische Geschäftspartner habe ihn getäuscht und respektlos behandelt?
Was Herrn Müller in unserem Beispiel in die kulturelle Vertrauensfalle führt, ist ein Kulturunterschied in der Direktheit des Kommunikationsstils, wie er für die deutsch-argentinische aber auch beispielsweise die deutsch-chinesische oder die deutsch-französische Zusammenarbeit typisch ist.
Die Vertrauensfalle entsteht durch ein typisches Kommunikationsproblem zwischen Angehörigen von Kulturen, die einen sehr unterschiedlich direkten Kommunikationsstil gewohnt sind. Vermutlich war es für Herrn García ganz offensichtlich, dass er nicht zugesagt hat, am nächsten Tag anzurufen – auch wenn er von der reinen Wortbedeutung seiner Äußerung genau das gesagt hat. Dass er gar nicht anrufen wollte, hielt ihn nicht davon ab, explizit davon zu sprechen. Allerdings – und das ist der aus deutscher Sicht sehr ungewohnte Punkt: Herr García vermittelte Herrn Müller durch die Art und Weise, wie er das Telefonat 'vereinbarte', dass er nicht an einer Fortsetzung des Geschäftskontakts interessiert war. Ein indirekter Kommunikationsstil kann in den Worten einer Zusage – auf indirekte Weise – eine sehr deutliche Absage formulieren.
Herr Müller ging aufgrund der wörtlich formulierten 'Zusage' von einer verbindlichen Vereinbarung aus, an die Herr García sich halten würde. Ein expliziter Kommunikationsstil, wie er im deutschen Unternehmenskontext vorherrschend ist, macht es unnötig, je nach Situation und Ausdrucksweise auf die hinter dem Gesagten verborgene tatsächliche Bedeutung zu achten. Genau dies tun jedoch Manager, deren Kultur bzw. Muttersprache einen indirekten Kommunikationsstil verwendet – und zwar insbesondere bei Widerspruch, Kritik oder Ablehnung und ebenso bei Aufforderungen oder Bitten. In unserem Beispiel ging es um die ablehnende Haltung bezüglich der Fortsetzung des Geschäftskontakts. Diese explizit zu formulieren, ist bei einem indirekten Kommunikationsstil nicht üblich. Man formuliert stattdessen die entsprechende positive Wendung – und gibt gleichzeitig durch die Zwischentöne zu verstehen, dass man eigentlich eine ablehnende Haltung einnimmt. Wer einen direkten Kommunikationsstil pflegt, ist nicht darin geübt, derartige Zwischentöne als den eigentlichen Inhalt der Kommunikation herauszuhören – und kann in der internationalen Zusammenarbeit leicht in die 'War-nichts-vereinbart!'-Vertrauensfalle geraten.
Merke: Wenn man aus der Gewohnheit eines direkten Kommunikationsstils heraus den Eindruck hat, der andere habe einem eine Zusage gegeben, diese aber anschließend nicht eingehalten, dann droht die 'War-nichts-vereinbart!'-Vertrauensfalle.